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03. September 2009

»Frische Kräuter erobern die Küchen«

Bergedorfer Zeitung

Ochsenwerder (wi). Die Zeiten, dass beim Kochen lediglich glatte und krause Petersilie, Schnittlauch oder Bohnenkraut eine Rolle spielten, sind vorbei.

Wirtschaftswunder, VW Käfer, erste Reisen nach Italien und Spanien brachten den Deutschen die südeuropäische Küche näher. Viele hörten in den 1960er-Jahren zum ersten Mal von Oregano, Rosmarin oder Thymian. Heute gehören diese Kräuter in den meisten deutschen Haushalten zur Standardausrüstung – zumindest in getrockneter Form. Seit auch die asiatische Küche bei uns immer mehr Anhänger findet, sind vor allem frische Kräuter auf dem Vormarsch.

Einer, der sich täglich mit Koriander, Minze, Liebstöckel, Zitronenmelisse, Basilikum und Co. beschäftigt, ist Willy Sannmann. Der 75-jährige Senior des Familienbetriebs in Ochsenwerder kümmert sich um Pflege und Ernte der frischen Kräuter in der Demeter-Gärtnerei. Knapp 20 verschiedene Sorten wachsen im Freiland und in den Folientunneln. „Mir macht die Arbeit Spaß“, sagt er. „Die Bewegung an der frischen Luft tut mir gut.“ Seine Frau Helga teilt diese Einstellung und unterstützt ihn bei der Feldarbeit. Akribisch halten sie den Boden von Kräutern frei, die dort nicht wachsen sollen, greifen regelmäßig zur Hacke.

Geerntet wird in aller Herrgottsfrühe, nicht nur, weil im Sommer zu dieser Tageszeit die angenehmsten Temperaturen herrschen. „Kräuter wie Dill kann man nur morgens schneiden und binden“, sagt der Gärtner, „nachmittags macht er zu schnell schlapp.“ Täglich arbeitet Willy Sannmann die Liste ab, die er aus der Kräuterwerkstatt erhalten hat. Die Tagesmengen variieren – je nach Jahreszeit. Aber 20 Kilogramm Minze sind keine Seltenheit. Er hat die Wahl zwischen türkischer und marokkanischer, seit kurzem gibt es aber auch Spermint-Minze in seinem Kräuter-Sortiment. „Alle drei eignen sich hervorragend für Tees“, sagt er. „Wer einmal echte Minze aufgebrüht hat, nimmt nie wieder einen Teebeutel.“

Dass zwischen frischer und getrockneter Ware Welten liegen, scheinen auch die Verbraucher zunehmend zu erkennen. Denn die Nachfrage nach frischen Kräutern steigt von Jahr zu Jahr. Thymian erntet Willy Sannmann am meisten. Eine große Nachfrage gibt es aber auch für Rosmarin. Und der absolute Aufsteiger unter den Kräutern ist Koriander – unverzichtbarer Bestandteil der asiatischen Küche.

Generell schätzt der erfahrene Gärtner die Freilandpflanzen mehr, weil sie robuster sind. „Aber sie werden geschnitten und haben von daher nur eine begrenzte Haltbarkeit.“ So nimmt der Bestand an Topfpflanzen ebenfalls kontinuierlich zu. „Für den Verbraucher eine gute Lösung, weil die Kräuter lange frisch bleiben“, sagt er.

Neben ihrem ausgeprägten Geschmack, der Speisen eine besondere Note verleiht, verfügen Kräuter auch über ätherische Öle, die zum körperlichen Wohlbefinden beitragen können. Der Verbraucherinformationsdienst aid wies jüngst darauf hin, dass Kräuter beim Grillen oder Braten von Fleisch oder Fisch die Bildung krebserregender Stoffe verringern können. Der Gehalt an heterozyklischen aromatischen Aminen (HAA) sinke um etwa ein Viertel, wenn Grillgut mit Rosmarin oder Salbei zubereitet wird. Denn sie enthielten Antioxidantien, die die HAA-Bildung bremsen. Einen ähnlichen Effekt hätten Thymian und Knoblauch.