« zurück

22. Juli 2009

»Ur-Vierländerin mit gutem Geschmack«

Bergedorfer Zeitung

Ochsenwerder (wi). Es kann kein Zufall sein, dass jeder Deutsche im Durchschnitt 22 Kilogramm Tomaten pro Jahr verspeist – davon die Hälfte frisch, den Rest in verarbeiteter Form: zum Beispiel als Ketchup, Tomatenmark oder -saft. Schon ihre knallrote Farbe macht Appetit.

Aber Tomaten sehen nicht nur zum Anbeißen aus, sie sind auch reich an Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen. Um das rote Früchtchen, das bereits 200 v. Chr. von den Azteken und Mayas in Mittelamerika kultiviert wurde, dreht sich auch wieder alles beim mittlerweile siebten Tomatenfest, zu dem die Gärtnerei Sannmann für Sonnabend, 25. Juli, von 14 bis 18 Uhr an den Ochsenwerder Norderdeich 50 einlädt.

Dass die Früchte des Nachtschattengewächses sehr schmackhaft sein können, beweisen die ausgesuchten Sorten der Demeter-Gärtnerei, die alle biologisch-dynamisch angebaut werden. Neben den Cherry-Strauch-, Kirsch- oder Eiertomaten mauserte sich auch die Vierländer Platte zu einer Liebhabersorte. „Bei der Direktvermarktung nimmt sie mittlerweile einen Anteil von 50 Prozent ein“, sagt Gärtnermeister Thomas Sannmann.

Diese alte Sorte – wegen ihres Aussehens auch Krause genannt – wurde ursprünglich Anfang des 19. Jahrhunderts in den Vierlanden von findigen Gärtnern angepflanzt und weitervermehrt. Sie ist wahrscheinlich ein Nachkomme einer italienischen Fleischtomate. Wegen ihres guten Geschmacks und ihrer frühen Reife wurde sie schnell zu einer beliebten Sorte. Als jedoch Massenertragstomaten aus Hybridzüchtung weltweit die Gärtnereien eroberten, geriet die Vierländer Platte in Vergessenheit – zumal sie keine hohen Erträge brachte und sehr schwierig anzubauen war.

Auch der Gärtnermeister aus Ochsenwerder kam erst 1985, als er den Betrieb auf bio-dynamischen Anbau umstellte, mit dieser alten Sorte in Kontakt. „Das wär’ doch was für dich“, sagte ein Vierländer Gärtner zu ihm und schenkte ihm ein paar Tüten Saatgut, die er noch im Küchenschrank gefunden hatte. Da sie mit 1977 datiert waren, säte Sannmann lieber ein bisschen dicker aus. An das Ergebnis erinnert er sich noch gut: „Sie standen wie eine Eins“, sagt er schmunzelnd und ist dem Vierländer noch heute dankbar, „dass wir die Samen erben konnten“.

Seitdem versucht der Betrieb, die Sorte zu optimieren. Anfangs wurde nur vermehrt, seit etwa sieben Jahren wird auch selektiert. Das heißt, nur die besten und vitalsten Pflanzen kommen für die Vermehrung infrage. Mit Erfolg: Mittlerweile verfügt die Vierländer Platte über eine ausgewogene Mischung aus Säure und Süße und schmeckt, wie Tomaten früher einmal schmeckten. „Das bestätigen uns vor allem ältere Menschen, die sich noch gut an den Geschmack erinnern können“, sagt Sannmann.

Auslese und Vermehrung dieser Ur-Vierländer Tomate sind zwar arbeitsintensiv, doch die Mühe lohnt sich allemal. So kann eine regionale, aromatische Sorte erhalten werden. „Zugleich schaffen wir damit eine Alternative zu den Hybridsorten, die nur von Saatgut-Konzernen weitervermehrt werden können und dadurch die regionale Vielfalt erheblich einschränken“, sagt Sannmann.